Zocken, spekulieren oder investieren? Warum die Börse in Deutschland das Image eines Spielcasinos hat

Freitag, 08.12.17 12:22
Aktien sind hierzulande noch immer das Aschenbrödel unter den Anlageformen. Wir Deutschen sind weit über unsere Grenzen hinaus als Volk der Sparer bekannt und gemäß dem Motto: “was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht”, setzt die große Mehrheit der Deutschen beharrlich auf festverzinsliche Anlageformen, wie zum Beispiel das Sparbuch, und ignorierten dabei die Chancen, die der Aktienmarkt bietet. Nämlich: 9 Prozent Rendite pro Jahr für Dax und Dow Jones - im historischen Mittel.

An der Aktien-Unlust hierzulande können nicht mal die stets neuen Rekordstände an den Märkten etwas ändern: wir bleiben Aktienmuffel. So stagniert die deutsche Aktionärsquote seit Jahren bei rund 14 Prozent oder weniger. Nur zu Zeiten der New Economy-Hysterie im Jahr 2001 wagten ganze 20 Prozent der Deutschen einen Ausflug in die Welt der Aktien und Fonds, doch der Schrecken der Kursrückgänge in den Folgejahren sitzt einigen Investoren offensichtlich noch lange in den Knochen.

Börse = Spielcasino?
Zusätzlich zur chronischen Verlustangst vieler Anleger, gibt es noch einen weiteren Faktor, der uns die Lust auf Börsen-Investments verdirbt: das ungerechtfertigte Image von Aktien als “Zockerpapiere”. Während Amerikaner Wertpapiere als das lieben und schätzen, was sie sind - nämlich Unternehmensanteile, die ihren Besitzer am Erfolg oder Misserfolg “seiner” Firma partizipieren lassen - vergleichen wir ein Investment an der Börse mit einem Casinobesuch. Zu diesem Schluss kam die Axa-Versicherung in einer aktuellen Umfrage zum Anlegerverhalten der Deutschen. Fast die Hälfte der Befragten (46 Prozent) ist der Meinung, dass eine Geldanlage an der Börse genauso riskant sei, wie ein Gang ins Spielcasino. 58 Prozent fürchten sich vor den “unkontrollierten Risiken” eines Aktieninvestments. Doch obwohl ich die Börse selbst gerne als “größtes Spiel der Welt” bezeichne, hinkt der Casino-Vergleich.

Zwar werden in Frankfurt wie auch in Vegas Zukunftserwartungen, Ängste und Hoffnungen gehandelt, doch zwischen einer Partie “Roulette” und einem Aktieninvestment gibt es einen wesentlichen Unterschied: an der Börse werden fundamentale, reale Werte gehandelt. Im Spielcasino wird auf Luftschlösser spekuliert, die für die meisten Besucher ebenso schnell wieder einstürzen, wie sie gebaut wurden.

Nehmen wir doch zum Beispiel die Apple-Aktie: der boerse.de-Champion stößt auf so großes Interesse bei den Anlegern, weil der Konzern seit Jahren innovative Produkte auf den Markt bringt und viel Geld in Forschung und Entwicklung investiert. Mit einem Investment in Apple spekulieren Sie also nicht auf “alles oder nichts”, “Rot oder Schwarz”, sondern auf das erfolgreiche Wachstum eines zukunftsträchtigen Konzerns.

Mögen hätte ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut (Karl Valentin)

Positive Beispiele wie Apple (+560 Prozent) oder Amazon (+1.200 Prozent) innerhalb von zehn Jahren dürften so manchen skeptischen Anleger von den Qualitäten der Aktie als Langfrist-Investment überzeugt haben. So glauben 42 Prozent der Erwachsenen mittlerweile, dass eine “Geldanlage an der Börse hochinteressant ist”. Den Schritt aufs Börsenparkett wagen dennoch nur besagte 14 Prozent.

Diese Diskrepanz ist vor allem auf die mangelnde Finanzbildung vieler Deutscher zurückzuführen. Fast die Hälfte aller Bundesbürger schätzt die Wahrscheinlichkeit auf mindestens 50 Prozent, dass man mit Aktien an der Börse auch nach 20 Jahren Anlagedauer weniger als das eingesetzte Kapital bekommt. Doch genau das Gegenteil ist der Fall: Analysen des Deutschen Aktieninstituts zufolge hat es seit 1965 noch nie einen einzigen 20-Jahres-Zeitraum mit einem Verlust für ein Portfolio aus Dax-Aktien gegeben. Vielmehr waren in der Regel Renditen deutlich über der Inflationsrate und sogar oft zweistellig möglich. Um diese Aussage zu verifizieren, untersuchen Thomas Müller und Alexander Coels im Standardwerk “Das Börsenbuch” die Dow Jones-Historie in verschiedenen Anlagezeiträumen. Das Ergebnis: Im Zeitraum von 25 Jahren hat nur die Phase von 1928 bis 1953 zu Verlusten geführt, und bislang wurden alle 87 30-Jahres-Anlagezeiträume positv beendet.

Ein Trostpflaster zum Schluss: hier in Bayern, der Heimat der boerse.de-Redaktion, sind Anleger wesentlich risikofreudiger, als im Rest der Republik. So lehnen es in Bayern nur 21 Prozent der Befragten aus Prinzip ab, Geld an der Börse anzulegen. In Thüringen sind es dagegen 44 Prozent.

Egal, ob Sie im Süden Deutschlands oder einem anderen Bundesland wohnen: wir haben uns zum Ziel gesetzt, Sie fit für die Börse zu machen! Nehmen Sie sich doch am Wochenende mal die Zeit und stöbern Sie in unseren zahlreichen Gratis-Reports oder der boerse.de-Wissens-Rubrik. Es lohnt sich!

Ich wünsche Ihnen ein entspanntes Wochenende,

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