Der „DeepSeek-Effekt“ und was man daraus lernen kann …

Freitag, 31.01.25 16:53
Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,

„verdamp lang her“! Dieser Titel eines Songs der Kölner Rockband BAP ist mir spontan eingefallen, als ich mein erstes Editorial mit dem Titel „Von institutionellen Anlegern lernen“ herausgekramt habe. Der Kerninhalt dieses Editorials bestand darin, mich persönlich bei Ihnen vorzustellen. Unter anderem habe ich in diesem Editorial auch über meinen akademischen Werdegang gesprochen, der eine zentrale Bedeutung für meine Arbeit in der Investmentpraxis besitzt. Auf dieses Editorial komme ich im Abschnitt „Noch kurz in eigener Sache …“ gleich noch zu sprechen. Natürlich werden auch in diesem aktuellen Editorial fachliche Themen behandelt. Konkret möchte ich den durch DeepSeek verursachten Markteinbruch am 27. Januar 2025 (Montag) näher beleuchten und dabei auch aufzeigen, was Anleger daraus lernen können.

Noch kurz in eigener Sache …



In meinem ersten Editorial „Von institutionellen Anlegern lernen“ habe ich unter anderem auch über mein Studium der Informatik an der Technischen Hochschule Rosenheim sowie mein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians-Universität München berichtet. Darüber hinaus kamen auch meine Promotion im Jahr 2000 an der Universität Bremen sowie meine Habilitation an der Universität Hamburg 2017 zur Sprache. Im Anschluss an meine Habilitation 2017 wurde mir zeitnah auch die Lehrbefugnis (die sogenannte „venia legendi“) von der Universität Hamburg erteilt. Auf dieser Basis lehre ich seit dem Jahr 2018 als Privatdozent (Priv.-Doz. bzw. PD) jedes Sommersemester die Veranstaltung „Asset Management II“. Auch darüber habe ich in meinem ersten Editorial berichtet.

Aufgrund meiner Leistungen in Forschung und Lehre wurde mir nun ganz aktuell, konkret am 23. Januar dieses Jahres, von der Universität Hamburg die akademische Bezeichnung „Professor“ (gemäß §17(1) HmbHG) verliehen. Vorangehend wurde meine Leistung in Forschung und Lehre, basierend auf zwei unabhängigen Gutachten von universitätsfremden, international renommierten Professoren, vom Dekan, dem Fakultätsrat sowie dem Präsidium der Universität Hamburg beurteilt. Über die Auszeichnung habe ich mich natürlich sehr gefreut. Damit einher geht auch eine zusätzliche Lehrveranstaltung – Thema: Derivative Financial Instruments –, die ich zukünftig jedes Wintersemester an der Universität Hamburg anbieten werde.

Mindestens genauso wichtig wie die akademische Ausbildung junger Menschen ist mir aber auch der Transfer von Investmentwissen zu Anlegern und auch zu all jenen, die es noch werden wollen. Und damit springen wir nun auch gleich ins aktuelle Investmentgeschehen.

Wie DeepSeek die Finanzwelt (gefühlt) zum Zittern brachte …



Anfang dieser Woche, konkret am Montag, den 27. Januar hat es ganz schön „gescheppert“ an den internationalen Aktienmärkten. Auslöser war eine Pressemeldung, dass mit dem chinesischen KI-Modell DeepSeek nun eine KI-Software verfügbar ist, die deutlich geringere Anforderungen an Rechenleistungen stellt als bisher vergleichbare Systeme. Mit so einer KI-Lösung würde man laut den Pressemitteilungen deutlich weniger Rechenzentren und somit auch Computer-Chips benötigen als bisher geplant. Diese Meldung brachte am Montag die Aktienkurse von diversen Chipherstellern und Technologiefirmen dermaßen unter Druck, dass die Tage darauf Print- und Online-Medien voll waren mit Horrormeldungen und Weltuntergangsszenarien.

Das Problem bei solchen Horrormeldungen liegt darin, dass viele Anleger hochgradig verunsichert werden und daraufhin häufig Hals über Kopf ihre Aktien bzw. auch Aktiendepots abstoßen, ohne sich näher Gedanken über die Gesamtsituation zu machen.

Und was sagen die Zahlen?



In der nachfolgenden Abbildung sind die Tagesrenditen von Amazon, Apple, Microsoft, Alphabet, Nvidia, ASML und MSCI World vom 27. und 28. Januar abgetragen.



Die roten Balken zeigen die jeweiligen Renditen vom 27. Januar. Erwartungsgemäß lassen sich die betragsmäßig größten negativen Renditen bei den beiden Halbleiterfirmen Nvidia (-17,1%) und ASML (-6,2%) beobachten. Bei den weiteren Technologiefirmen zeigt sich schon ein ganz anderes Bild. So sind die moderaten Rückgänge bei Amazon (-0,7%) und Microsoft (-1,7%) mit der marktüblichen Volatilität zu erklären, und der Tech-Gigant Apple wies gar eine positive Rendite von 3,3% auf.

Und wie sieht es beim internationalen Aktienindex MSCI World aus? Beim MSCI World Net Return Index (in Euro) zeigte sich eine negative Rendite von lediglich -0,9%, was überhaupt nicht zu den gepredigten Tech-Untergangszenarien passt. Bei den zehn größten Werten im MSCI World Index handelt es sich fast ausschließlich um Technologiewerte, die in Summe ein Gewicht von über 26% im Index aufweisen [Anmerkung: Factsheet MSCI World vom 31.12.2024]. Und genau hieran sieht man wieder die Bedeutung der Diversifikation. Selbst der aus Branchensicht schlecht diversifizierte MSCI World Index war in der Lage, die großen Verluste einzelner Werte signifikant abzufedern.

Und wie sah es einen Tag später aus? Die blauen Balken zeigen die Renditen am 28. Januar, also einen Tag nach dem vermeintlichen DeepSeek-Horrorszenario. Direkt ins Auge springt dabei die Erholung bei der Nvidia-Aktie, die mit 9,2% deutlich positiv ausfiel. Interessant sind aber auch die Renditen von Amazon, Apple, Microsoft und Alphabet, die mit Werten zwischen 2,2% und 4,3% alle positiv ausfielen. Im Falle von Amazon bzw. Microsoft wurden die Vortagesverluste sogar überkompensiert. Gleiches trifft mit einer Rendite von +1,3% auch für den MSCI World Index zu, der seinen Vortagesverlust von -0,9% mehr als aufholen konnte.

Und was lässt sich hieraus lernen? Zum einen sollten Anleger auch bei extrem pessimistischen Pressemeldungen einen kühlen Kopf bewahren und nicht sofort hektisch alle (hoffentlich sorgfältig ausgewählten Aktien- bzw. Aktienfonds) verkaufen. Zumeist wird nicht so heiß gegessen wie gekocht wird, was bedeutet, dass häufig schon am nächsten Tag (bzw. den nächsten Tagen) eine Erholung zu beobachten ist. Zum anderen zeigt sich auch hier mal wieder sehr schön die Macht der Diversifikation. Wer ein gut diversifiziertes Portfolio an qualitativ hochwertigen Aktien hält, bei dem sieht die Welt anders aus, als wie sie von der Presse dargestellt wird.

Und wie war die Entwicklung bei den boerse.de-Fonds?



Wie uns eingehende Kundenanfragen zeigten, bestand natürlich auch ein enormes Interesse, wie es bei den vier boerse.de-Fonds aussah.



In der Abbildung sind die Tagesrenditen für den 27. und 28. Januar der thesaurierenden Tranchen des boerse.de-Aktienfonds, des boerse.de-Dividendenfonds, des boerse.de-Technologiefonds und des boerse.de-Weltfonds dargestellt. Bei den defensiver ausgerichteten Aktienfonds und Dividendenfonds war am 27. Januar überhaupt nichts von einer Krisenstimmung zu sehen. Beide Fonds wiesen mit 0,8% (Aktienfonds) bzw. 1,0% (Dividendenfonds) sogar eine positive Rendite auf.

Eine negative Rendite ließ sich beim Technologiefonds (-3,5%) und beim Weltfonds (-1,9%) beobachten, wobei aber auch hier schon am nächsten Tag die Erholung erfolgte. Mit Tagesrenditen von 2,3% (Technologiefonds) und 1,5% (Weltfonds) konnten die negativen Renditen vom Vortag wieder großteils kompensiert werden. Summa summarum: Die Welt ist auch bei allen vier boerse.de-Fonds in Ordnung.

Lernen, lernen, lernen …



Meines Erachtens ist ein dauerhaftes Lernen von zentraler Bedeutung für einen langfristigen Anlageerfolg. Die oftmals marktschreierische Kommentierung des täglichen Börsengeschehens von der Finanzpresse – egal ob Online oder Print – ist hierfür definitiv nicht geeignet. Was ich Ihnen jedoch wärmstens empfehlen kann, ist unser kostenlos und völlig unverbindlich erhältliche „Leitfaden für Ihr Vermögen“, der aus der Feder meines langjährigen Freunds Thomas Müller und boerse.de-Aktienbrief-Chefredakteur Jochen Appeltauer stammt. Die fachliche Expertise dieser beiden Börsenexperten schätze ich außerordentlich. Im „Leitfaden für Ihr Vermögen“ finden Sie viele wertvolle Informationen, wie Ihnen Vermögensaufbau und Vermögensschutz langfristig gelingen.

In diesem Sinne hoffe ich, dass Sie sich nicht von den häufig marktschreierischen Tageskommentierungen des Börsengeschehens verrücktmachen lassen. Lehnen Sie sich stattdessen ruhig zurück und versuchen Sie, die Ratschläge im „Leitfaden für Ihr Vermögen“ konsequent zu beherzigen. Ich bin überzeugt, dass Sie damit mit Ihrer Kapitalanlage langfristig auf einem guten Weg sind …

Auf bald,

Ihr Hubert Dichtl



Prof. Dr. Hubert Dichtl ist geschäftsführender Gesellschafter der dichtl research & consulting GmbH, einer Beratungsboutique, die sich auf die unabhängige Beratung institutioneller Kapitalanleger...


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